Jeckenwanderung

Der Nubbel War´s

Es geschah an einem kalten Karnevalsdienstagabend. Kaplan Joseph aus Uganda wurde durch lautes Wehklagen und Weinen draußen vor dem Pfarrhaus wachgerüttelt. Er ging zum Fenster und erblickte eine Menschenmenge mit brennenden Kerzen und Fackeln, die auf einer Bahre eine Menschengestalt mitten auf der Hauptstraße in Richtung Burghof trugen. Kaplan Joseph hatte erst vier Tage zuvor seinen Dienst in der katholischen Pfarrgemeinde in Denklingen angetreten. Eine seiner ersten Amtshandlungen war tatsächlich die Teilnahme an der Weibersitzung im Pfarrheim, die ihm in Windeseile die jecke Mentalität seiner neu anvertrauten Schäfchen näher brachte. Und nun das….
In gut unterrichteten Kreisen heißt es, dass Kaplan Joseph beim Anblick der Menschenmenge auf der Hauptstraße zur nächtlichen Stunde seinen Chef, Dechant Jansen, sofort angerufen haben soll, um zu erkunden, ob er möglicherweise einen „wichtigen Termin“ verpasst habe. Offenbar ging der Kaplan von einer offiziellen Bestattung aus. Dechant Jansen konnte ihn jedoch beruhigen und ihn mit dem Hinweis, dass es sich nur um die Verrückten der KG Rot-Weiß Denklingen handele, wieder ins Bett schicken.
Die Gestalt, die die Jecken auf der Bahre trugen, wird im Volksmund „Nubbel“ genannt. Es handelt sich um eine Puppe, die als Sündenbock für die während der Karnevalszeit begangenen Sünden herhalten muss. Diese Tradition stammt noch aus dem Mittelalter. 1950 wurde sie von dem Inhaber einer kölschen Kneipe wieder aufgegriffen.
Der Nubbel ist halt an allem Schuld. Er ist verantwortlich für die Verfehlungen während der Karnevalszeit und wird in der Nacht von Veilchendienstag auf Aschermittwoch seinem schon vorher bestimmten Ende zugeführt, nämlich in Form einer Prozession mit Heulen und Gezeter, auf direktem Wege zum Feuer im Burghof. Mit reinem Gewissen können die Jecken nun die Fastenzeit beginnen. Gott sei Dank weiß jeder, dass der Nubbel im November wieder zum Leben erweckt wird.

Text: Karolin Schmitz

Zeitungsartikel zur Thema Nubbel

Ab ins Feuer mit dem sündigen Nubbel

Der „Nubbel“ ist an allem Schuld

DENKLINGEN. Aus heidnischen Ritualen und Eifeler Kirmesbräu­chen kam der „Nubbel“ nach Köln und jetzt auch erstmals flach Denklingen, wo die lebensgroße Strohpuppe in der Nacht zum Aschermittwoch unter großem Wehklagen, Schimpfen und Ab­singen fröhlicher Karnevalslieder auf dem Burghof gegen Mitter­nacht verbrannt wurde. Für die Karnevalisten ist der Nubbel eine Art „Sündenbock“, auf dem alle Vergehen der närrischen Tage und auch sämtliche menschlichen Unzulänglichkeiten abgela­den werden. Mit einem Trauer­zug, angeführt vom „laut heulen­den“ Gastwirtsehepaar Heide und Gerhard Schwab, war der Denk­linger Nubbel an den Rathausterrassen abgeholt worden. Auch Bürgermeister Gregor Rolland be­teiligte sich -ganz in schwarzer Trauerkleidung -an dem fürs Oberbergische noch etwas unbe­kannten Brauch, den die Karne­valsgesellschaft Rot Weiß Denk­lingen jedoch zum festen Bestandteil ihrer Fastelovend ma­chen will.
(mf/Foto: privat)